Freitag, 11. März 2016

[Writing a book] Kapitel 2 - Zentauri: der Weg zu meiner Selbst



Ich lag auf weichen Wolken, schwebte von einer zur anderen, als mich ein dumpfer Schmerz im Hinterkopf in die Wirklichkeit riss. Eine Stimme von weither versuchte durch meinen schwummerigen Zustand zu dringen. Doch ich wollte nicht. Ich wollte nicht zurück in die Wirklichkeit, denn ich war nicht bereit für das, was mich erwartete. >>Elif? Geht es dir besser?!<< Eine Alarmglocke in mir schrillte laut auf. Woher kannte er meinen Namen? Zaghaft und ungläubig öffnete ich die Augen. Ich war nicht vorbereitet auf das, was ich sah. Leto kniete über mich gebeugt vor mir, das Gesicht nah an meinem. Ich hatte noch nie in meinem ganzen Leben solche leuchtenden hellbraunen, ja fast goldenen Augen gesehen. Für einen kurzen Moment fühlte ich mich sorglos, behütet, beschützt. Ich fühlte mich als ob rein gar nichts mir etwas anhaben konnte. Leto räusperte sich. >>Geht's wieder?<<, fragte er kühl. Der Kontrast seiner Stimme zu seinen schutzversprechenden Augen, riss mich aus meiner Starre. >>Ja, wenn du mal ein Stück abrücken würdest, könnte ich auch versuchen aufzustehen!<<, keifte ich zurück.
Als ich ans Aufstehen dachte, wurde mir flau im Magen. Doch ich wollte eine Erklärung, wollte wissen, was hier vor sich ging, warum um Himmelswillen mein Oberkörper auf einem Pferdekörper saß. Insgeheim hoffte ich immernoch auf Droge zu sein. Falls dieser Zustand tatsächlich einer Droge zuzuschreiben war, wusste ich auf jeden Fall, dass ich diese nie wieder nehmen würde. So falsch die Situation auch auf mich wirkte, etwas sagte mir, dass die Situation echt war. Also versuchte ich mich aufzurichten. Mein Kopf dröhnte, aber ich kämpfte mich auf die Beine. Der Schmerz verebbte und ich atmete erleichtert auf. >>Ich muss meine Mutter anrufen. Sie macht sich bestimmt Sorgen..<< Noch immer wackelig auf den Beinen, versuchte ich mit ihm Schritt zu halten. >>Deine Mutter weiß bescheid.<<, sagte er bestimmt. Seine Haltung war steif, den Blick hatte er starr geradeaus gerichtet. >>Meine Mum würde niemals NIEMALS zulassen, dass irgendein verrückter Typ mich in einen verdammten Keller steckt!<< Erneut spürte ich Wut in mir aufsteigen. Er belog mich schamlos und dachte ich würde ihm das abkaufen? Sah ich wirklich so dumm aus? >>Wir mussten dich vor dich selbst und vor allem vor anderen schützen Elif.<< Noch immer starrte er stur gerade aus. Die Wut breitete sich rasend in meinem Körper aus. Meine Hände fingen an zu zittern und mein Kopf dröhnte noch stärker als zuvor. Warum konnte dieser Arsch mir nicht einfach klipp und klar sagen, was Sache war? Ich beschloss mich nicht weiter zu äußern, musterte meine Umgebung. Wir befanden uns in einem Gemäuer. Endlos kahle Wände erhellt durch angebrachte flammende Fackeln. Ich kam mir wirklich vor wie in einem schlechten Film. Als nächstes würden wohl Wachen auftauchen und ich wäre in Westeros. Ein hysterisches Kichern kroch meinen Hals hinauf. Peinlich berührt presste ich mir eine Hand vor den Mund und konnte gerade noch unterdrücken, dass das Kichern seinen Weg nach draußen fand. Mein Blick wanderte wieder zu Leto. Sein athletischer Körper, war völlig normal. Menschlich. Sein schwarzes dichtes Haar stand verworren von seinem Kopf ab. Ich musterte ihn. Würde ich ihn nicht jetzt schon für einen gefühlslosen Idioten halten und in dieser völlig verrückten Situation stecken, dann würde ich ihn vermutlich ziemlich attraktiv finden. Sein Gesicht war markant, männlich, doch trotzdem hatte es etwas weiches in sich. Wir gelangten an eine Treppe. Abrupt blieb ich stehen. Ich konnte ja gerade mal ein Bein vor dem anderen setzen, wie sollte ich denn bitte eine Treppe hinaufsteigen? Als ob Leto meine Gedanken gelesen hätte, drehte er sich zu mir, aber er sah mir nicht mehr in die Augen. >>Du schaffst das schon. Es sind nicht viele Stufen. Wir gehen ganz langsam.<< Am liebsten würde ich mich auf den Boden schmeißen, dem allem überdrüssig, bockig. Ich wollte einfach nur nachhause. In meinem normalen Körper versteht sich. Ich hatte die Schnauze gestrichen voll. Doch was sollte ich tun, hier unten in einem kalten, muffigen Keller? Ich wollte hier nur noch weg, also setzte ich vorsichtig einen Huf vor den anderen. Es war gar nicht so schwierig, wie ich gedacht hatte. Stufe für Stufe gewann ich an Sicherheit dazu. Ich merkte Letos stechenden Blick auf mir, aber ich würde nicht zurückstarren, den Gefallen tat ich ihm nicht. Die Stufen fühlten sich seltsam unter meinen Hufen an. Sie waren kalt, aber die Kälte machte mir nichts aus. Sie war angenehm. Endlich kamen wir oben an. Wir durchschritten einen hohen Bogen und ich fragte mich noch einmal, ob wir nicht doch in Westeros waren. Hier oben standen Wachen. Dutzende Wachen bewaffnet und in Rüstung. Ich kam mir vor wie an einem historischen Filmset. >>Welches Jahr haben wir eigentlich? Das ist doch nicht normal...<< Leto sah mich entgeistert an. Sein Mund verzog sich zu einem überheblichen Grinsen, das ich ihm nur allzu gern aus seinem Gesicht gewischt hätte. >>2016, du Leuchte!<< Er wand seinen Blick wieder ab und lief weiter den langen, von Wachen gesäumten Gang entlang, ohne weiter auf mich zu achten. Mir stieg die Röte ins Gesicht. Nicht nur wegen meiner dummen Frage, sondern aufgrund seiner arroganten Art. Wie konnte jemand so gut aussehen, aber trotzdem so ein empathieloser Idiot sein? >>Ich führe dich zu Lioba. Sie wird dir deine Fragen beantworten.<< Seine Stimme klang so wahnsinnig genervt. Verärgert schüttelte ich den Kopf, während das Klappern meiner Hufen mich begleitete. Ich konnte mir nicht vorstellen, mich daran zu gewöhnen. Lioba... irgendwo hatte ich den Namen schon einmal gehört... Leto steuerte auf eine massive, verschnörkelte Holztür zu, öffnete die Tür und bedeutete mir einzutreten.

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