Dunkelheit. Kälte. Nichts.
Das alles empfing mich, als ich meine
Augen öffnete. Ich versuchte mich zu erinnern, was vorgefallen war. Ich
war auf einer Semester-Party und hatte einiges getrunken, aber
normalerweise wachte ich nach einer Party nicht in einem grotesken,
dunklen und kalten Raum auf. Ich versuchte einen klaren Gedanken zu
fassen, aber ich war in einem komischen benebelten Zustand. Einnehmende
Angst machte sich in mir breit. Ich wusste nicht wo ich mich befand und
ich fragte mich, wie ich hier her gekommen war. Wo war ich? Was machte
ich hier? Mein Körper fühlte sich taub, fremd an. Es war als ob ich
nicht in meinem Körper war, sondern von oben darauf hinab sah, aber
trotzdem fühlte ich diesen seltsam tauben Körper. Ich fühlte mich an den
Zustand erinnert, als mir die Weisheitszähne gezogen worden waren und der Arzt
mir eine Betäubungsspritze verpasst hatte. Meine Lippen waren damals so
taub, dass ich nicht mal mehr das Glas an ihnen spürte, wenn ich trank.
Aber diesmal waren nicht nur meine Lippen taub. Mein ganzer Körper war
von diesem Gefühl überzogen. Die Angst schnürte mir die Kehle zu. Mein
Atem beschleunigte sich und ich schalt mich selbst, mich zu beruhigen.
Ich atmete tief ein und aus und sah mich um. Es war zu dunkel um
Einzelheiten zu erkennen, aber es wirkte auf mich wie eine Art Höhle.
Von der Decke tropfte stetig Wasser. PLOP...PLOP... Die Wände waren aus
kaltem Stein, der Boden uneben und jedes Geräusch meiner Bewegungen
hallte in diesem Raum wider.
Ich schluckte, versuchte aufzustehen,
mich zu erinnern was passiert war, doch nach nicht mal zwei Schritten
landete ich wieder auf meinem Allerwertesten. Ich knallte hart auf den
kalten Boden. Frustriert, den Tränen nahe legte ich meine Hände auf
meine Knie. WAS ZUM TEUFEL?? Unter meinen Fingerkuppen spürte ich
weiches, dichtes Fell. FELL?? Entschlossen zupfte ich daran in der
Hoffnung es würde sich um eine extrem unmodische Leggins oder
Strumpfhose handeln (heutzutage waren ja die unmöglichsten Sachen Mode).
AUA! Es tat weh. Es gehörte zu mir. Die Träne, die schon eine Weile in
meinem Auge gebrannt hatte, löste sich. Das.... das … das konnte nicht
wahr sein? Träumte ich? Hatte mich jemand unter Drogen gesetzt? PLOP...
PLOP... das Tropfen machte mich wahnsinnig. Mutig fuhr ich mit der Hand
über mein Bein. Wieder fühlte ich mich, als ob ich nicht in meinem
Körper steckte. Ich spürte das dichte, kurze Fell und auf eine
eigenartige Art und Weise empfand ich es als beruhigend über das Fell zu
streichen. Es fühlte sich gut an. Langsam gewöhnten sich meine Augen an
die Dunkelheit. Ich konnte keine Türe erkennen. Hier war kein
Lichteinfall, was mich noch mehr beunruhigte. Ich wollte hier raus, doch
es sah danach aus, dass es keinen Ausweg gab.
Zögerlich versuchte ich
mich aufzurichten um die Wände abzutasten, einen Ausweg zu finden, aber
diese Beine... sie waren nicht meine. Ich stöhnte auf und hoffte wieder
auf einen Traum. Das konnte alles nicht der Wirklichkeit entsprechen.
PLOP... PLOP... Ich stoß einen entnervten Seufzer aus und versuchte mich
abermals aufzurichten. Diesmal gelang es mir mich hochzukämpfen.
Stützend legte ich meine Hände an die kühle, raue Steinwand, versuchte
ein paar Schritte zu gehen. Es kam mir so vor als hätte ich aufeinmal
ein paar Beine zu viel. Ich stolperte und fing mich in letzter Sekunde
bevor ich volles Rohr auf die Zwölf gelandet wäre. Nochmals setzte ich
mich in Bewegung und bei jedem Schritt horchte ich auf. Ich vernahm ein
Klappern und dieses ständige PLOP...PLOP... PLOP. Das Tropfen wurde
immer lauter, aber da war noch ein anderes Geräusch. Waren das Schritte?
Konzentriert lauschte ich meiner Umgebung. Tatsächlich hörte ich weit
entfernte schlürfende Schritte. >>Hilfe!!!<< Hoffnung stieg
in mir auf und ich klopfte verzweifelt gegen die Steinwand. Die Schritte
stoppten kurz, wurden energischer und näherten sich dem schrecklichen
Raum, in dem ich mich befand. >> Hilfe! Verdammt was ist hier
los?<< Ich fühlte wie weitere heiße Tränen meinem Gesicht
hinabrannen. Nun waren die Schritte verstummt. Intuitiv wusste ich, dass
die Person genau vor diesem Raum stehen musste. Diese ganze Situation
war so fremd, so eigenartig. >>Bitte rede doch mit mir! Ich.. ich
weiß nicht was ich hier mache und ich will nachhause. Ich werde
niemanden von alledem erzählen, das verspreche ich!<< Ich traute
meinen Ohren nicht, doch ich vernahm tatsächlich ein belustigtes
Glucksen. Er (?), lachte mich aus? Ich wurde wütend. Die Hitze stieg mir
ins Gesicht und ich war kurz davor zu der Stelle des Raumes zu hechten
und mit den Fäusten auf die Wand einzuschlagen. Doch irgendetwas hielt
mich zurück. Es war die Angst, die Person würde wieder gehen, die
Hoffnung auf Rettung.
>>Ich öffne nun die Pforte, bitte bleibe
ruhig. Ich tue dir nichts. Ich möchte dir helfen, deshalb bist du auch
hier. Ich weiß das klingt seltsam, aber so ist es.<< Eine
Männerstimme. Ich war froh, dass er endlich zu mir sprach, aber ich
wusste nicht was ich von seiner Aussage halten sollte. Mir helfen? Bevor
ich hier war, ging es mir fantastisch. Was dachte meine Mum nur?
Hoffentlich hatte sie schon die Polizei eingeschaltet. Ich spürte einen
stechenden Schmerz in der Brust. Meine Mutter... sie machte sich so
schnell Sorgen um mich. Sie würde umkommen vor Sorge und das schmerzte
mich umso mehr. Meine Mum war mein Ein und Alles. Alles was ich noch
hatte, seit mein Vater und mein Bruder bei einem Jagdunfall ums Leben
kamen. Ich musste vernünftig bleiben -für sie-, den Schmerz nicht die
Überhand gewinnen lassen. Tapfer schluckte ich meinen Ärger hinunter und
spielte die coole. >>Alles klar, jetzt mach schon die verdammte
Tür oder Pforte, was auch immer auf! So langsam bekomme ich
Platzangst!<<, murrte ich. Lauter mahlender Stein dröhnte, hallte
in diesem ekelhaft großen Raum wider. Die Wand stob sich stockend
entzwei. Licht strömte in den einst dunklen Raum. Hell. Meine Augen
schmerzten und ich hielt mir schützend beide Hände vor das Gesicht. Ich
vernahm einen Schatten, der auf mich zukam. Instinktiv schutzsuchend
rückte ich so nah es ging an die Felswand und sank in die Knie. Von der
Hoffnung war nicht mehr viel übrig. Die Angst gewann und drängte die
Hoffnung in die Ecke. Allmählich ließ der Schmerz in meinen Augen nach
und ich konnte seine Umrisse, seine Silhouette erfassen. Ich fragte
mich, wer dieser Mensch war. Ein kaltblütiger Entführer und Mörder, der
mit mir seine perversen Spielchen spielen wollte? Nach und nach erkannte
ich weitere Details. >>Hab keine Angst. Ich will dir wirklich nur
helfen.<< Seine Stimme war rau, aber es lag eine Sanftheit in
ihr, die mich trotz meiner Angst seinen Worten Glauben schenken ließ. Er
war groß und breit gebaut. Athletisch. Kurz rechnete ich mir meine
Chancen einer Flucht aus und kam zu dem Ergebnis es definitiv nicht zu
versuchen. Ich würde verlieren. Haushoch. Vorsichtig streckte er mir
seine Hand entgegen, um mir aufzuhelfen. Misstraurisch griff ich nach
ihr und ließ mich hochziehen. >>Wer bist du und was mache ich
hier?<<, meine Stimme klang brüchig. Ich ärgerte mich darüber. Ich
wollte stark wirken. Ich war immer stark! Er sah mir lange direkt in
die Augen. Es war unangenehm, doch ich wollte keine Schwäche zeigen,
hielt dem harten Blick stand. >>Mein Name ist Leto. Warum du hier
bist klären wir oben. Komm mit.<< Seine Stimme hatte etwas
befehlerisches in sich, das mir ganz und gar nicht gefiel. Was glaubte
er wer er sei? Wir Frauen hatten uns die Emanzipation nicht sinnlos
erkämpft und ich würde mich garantiert nicht rumschubsen lassen, wie ein
kleines dummes Mädchen. Aber ich hatte keine andere Wahl, ließ mich mit
leichtem Widerwillen von ihm führen. Wir traten ins Licht und endlich
konnten meine Augen meinen tauben Körper hinabwandern. Ein greller
Schrei wich aus meiner Kehle. Meine Beine waren die eines Tieres und
anstelle meiner Füße erblickte ich Hufe. Als ich das registrierte, war
das Licht wieder weg. Ich sackte in mich zusammen und sank in pure
Dunkelheit.
Ich wurde ohnmächtig.